JMS Aktivitäten

DEZ 20

20.12.23, 8:53 Uhr

Bach-Wettbewerb für junge Klaviertalente

Sophia Aoki in Köthen (Anhalt)

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Wer hat schon mal an einem Wettbewerb teilgenommen, kennt diesen Moment: Preisverkündung. Spannend!
Alle Teilnehmer des Bach-Wettbewerbs in Köthen haben vorgespielt. Die Jury-Mitglieder haben zwei Tage der ersten Altersgruppe zugehört. So viele junge Pianisten haben teilgenommen. Alle haben sich gut vorbereitet,das Niveau war sehr, sehr hoch.
Sophia Aoki (10 Jahre alt), ihre Mama Miriam Heuberger-Aoki und ich als ihre Klavierlehrerin sitzen nun in einem proppevollen Saal in Köthen. Alle anderen Teilnehmer, ihre Eltern, Geschwister, Lehrer warten auf die Juroren. Stimmengemurmel, in der Mitte des Saals steht der Flügel, davor ein Portrait vom Johann Sebastian Bach, dessen Musik lieben wir alle hier Anwesenden.
Endlich: die Mitglieder der Jury kommen und gratulieren erst einmal allen Kindern, die vorgespielt haben.  Mit Recht, denn zwar seit tausenden von Jahren stellen sich die Menschen dem Wettbewerb, wir messen unsere Kräfte im Sport und in anderen Bereichen, wir wollen wissen "wo wir stehen" und bitten deswegen die Besten in dem Fach unsere Leistung zu bewerten, aber jeder, der hier vorgespielt hat, hat viele, viele Stunden geübt, sich bemüht, Mut gehabt ein langes Programm vorzutragen. Schön, dass das von erwachsenen Pianisten-Kollegen gewürdigt wurde.
Nun werden die Teilnehmer aufgerufen in der Reihenfolge ihres Auftritts. Uiii, das kann lange dauern, denn Sophia hat fast am Ende des zweiten Bewertungstages vorgespielt, also warten wir geduldig.  
Jedem Kind wird gratuliert,  die Punktezahl gesagt und eine Urkunde übergeben.  
Da wir warten müssen, wandern meine Gedanken zurück in die Zeit der Vorbereitung. Nämlich, um hier sitzen zu dürfen und zu warten bis sie aufgerufen wird, hat Sophia einen langen Weg hinter sich.  
Wir mussten die Stücke auswählen passend zu den Bestimmungen des Wettbewerbs. Es gab natürlich auch zeitliche Angaben. Aber es war sehr wichtig, dass Sophia die Stücke auch mag, denn sie musste sie viele Stunden üben. Viele Korrekturen in Artikulation, Phrase, Dynamik einarbeiten. Den Stücken ihre eigene persönliche Aussage verleihen. Nicht zuletzt sie mehrmals vorspielen, um die Sicherheit zu erlangen. Nach jedem Vorspiel wieder sich der Frage stellen: war es stylistisch passend zur Epoche? Was hat der Komponist in diesem Werk ausdrücken wollen? Welche Emotionen spielen mit?
Dann die lange Fahrt im Auto nach Köthen, über 7 Stunden. Sophia bekam ein kuscheliges Nest aus Kissen und Decken auf der Rückbank. Sicher angeschnallt, konnte sie trotzdem e-books genießen und... Vokabeln für den nächsten Test lernen, denn der Schulalltag geht weiter.
Am Abend der Ankunft lustiges gemeinsames Picknick im Hotelzimmer. Anmeldung in der Musikschule. Schon am nächsten Morgen nach dem Frühstück: Einspielen in den zugewiesenen Räumen zur einer Uhrzeit, die vom Veranstallter sorgfälltig geplant wird. Wir Musiker kennen die Abläufe, das ist "unsere Welt ".
Kurzes Einspielen in dem Vortragssaal, um den Flügel kennenzulernen und dann... warten auf den Auftritt. Hände warm halten und sich selber ruhig halten. Das kann Sophia ganz toll.
Endlich: spielen dürfen!
Sie hat wunderschön vorgespielt. Ausdrucksstark, sicher, gefühlvoll, freudig.
Nun sitzen wir hier und warten, ob es den Juroren auch so gefallen hat?  Natürlich gibt es auch andere Teilnehmer, die auch sehr gut gespielt haben. Manche haben wir uns angehört. Die Vorträge haben uns sehr gefallen.  
Kinder werden aufgerufen, Sophia weiß wann sie vorgespielt hat. Sie richtet sich, um nach vorne zu gehen und... wird nicht aufgerufen! Wir tauschen Blicke aus. Wurde sie womöglich vergessen, übersehen?
Nun werden sechs Förderpreise verliehen. Sophia ist nicht dabei. Die Förderpreisträger freuen sich sehr, nehmen ihre Urkunden entgegen. Die Punktezahl, die gesagt wird, ist immer höher.  
Jetzt werden zwei dritte Preise vergeben. Die Spannung wächst.  
Zweiter Preisträger wird nach vorne gebeten. Jetzt ist nur noch eine Person im Saal, die nicht aufgerufen wurde und nur noch... der erste Preis übrig. Unsere Augen treffen sich, wir fangen an uns zu freuen.  
JA! Sie hat gewonnen!
Der erste Preis in ihrer Altersgruppe.  
Der Vorsitzende der Jury gratuliert Sophia mit sehr anerkennenden Worten. Sie darf bei dem Preisträgerkonzert am Wochenende (übrigens das bedeutet noch einmal die lange Fahrt nach Köthen und zurück 😅) zwei Stücke vorspielen. Und es gibt Geld, schließlich hat sie gewonnen!
Große Freude!
Erst mal wird natürlich die Familie angerufen. Sophias Papa ist zu Hause geblieben mit dem kleinen Bruder,  er wartet auf die Nachricht. Die Großeltern und ihre Tante haben auch in beruflichen Leben mit Musik zu tun. Alle freuen sich mit Sophia und gratulieren.
Uns erwartet natürlich die Fahrt zurück nach Wangen. Wir kommen spät in der Nacht an. Müde aber sehr glücklich.  

Auf Sophia Aoki warten nächste Stücke zu üben. Nächste Erfahrungen in der wunderbaren Welt der Musik, Projekte, Auftritte. Es bleibt spannend!

Anna Guggolz

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