JMS Aktivitäten

DEZ 20

20.12.23, 12:15 Uhr

Konzertfahrt nach Liechtenstein

Ich liebe diesen Moment, der mittlerweile eine Tradition geworden ist:
alle drei Monate am Mittwoch um 17:30 Uhr - mein Unterrichtsraum in der Musikschule ist voll. Zwischen 15-20 junge Menschen stehen da, lachen, plaudern miteinander, necken sich. Alle sind schick angezogen. Vor der Musikschule warten vier Autos. Es duftet nach Hefezopf. Eindeutig: wir fahren wieder zu einem Konzert nach Liechtenstein!
Um unsere Fahrten haben sich liebevolle Rituale entwickelt. Für jedes Auto muss ich einen gelben Hefezopf backen (Safran oder Kurkuma helfen mir bei der Aufgabe). Den nennen wir Konzert-Zopf. Ich backe selbstverständlich nur aus gesunden Zutaten: Dinkelmehl und Rohrzucker. Es wird ausgehandelt wer mit wem im Auto sitzt. Nach dem Konzert, da wir ziemlich spät zurück kommen, wird jedes Kind direkt nach Hause gefahren. Wir lieben im Saal ganz oben an der Galerie sitzen. Da stören wir niemanden, auch wenn wir uns ein wenig unterhalten während des Konzertes. Schließlich muss alles besprochen werden. Die Interpretation klar, aber auch zum Beispiel das Outfit der Solistin 😇. Es gehört auch dazu.  
Das Orchester Liechtenstein verfolgt eine wunderbare Politik: Jugendliche sind das Publikum der Zukunft. Die Eintrittskarten werden den Schülern und den erwachsenen Fahrern für ein Mittwoch-Konzert geschenkt.  
Das Programm ist diesmal umwerfend.  Rhapsodie als Form schenkt dem Komponisten ziemlich viel Freiheit. Also bekommen wir lauter Hits der klassischen Musik zu hören:
Ungarische Rhapsodie von Franz Liszt,  Rumänische Rhapsodie von George Enescu. Von Emmanuel Chabrier "España-Rhapsodie", von David Popper "Ungarische Rhapsodie" ein unglaublich virtuoses Stück für Cello, das von einem jungen technisch umwerfenden Violoncellisten vorgetragen wird.  
Aaaaaber nichts, kein Stück kann das Werk von Rachmaninow in den Schatten stellen: Rhapsodie über das Thema von Paganini. Darauf warten wir gespannt.  
Ein junger Pianist kommt auf die Bühne. Lässig gekleidet. Und spielt so locker, ohne Mühe eines der schwierigsten Werke auf der Welt.  Paganini wurde schon "Teufelsgeiger" genannt. Sein Stück, was das Thema für Rachmaninow geliefert hat ist unglaublich schwer. Was Rachmaninow daraus gemacht hat, ist das Anspruchvollste für einen Pianisten, aber der Robert Neumann (Preisträger von vielen nahmhaften Wettbewerben) spielt mit Leichtigkeit. In dem Werk ist "das Teuflische" deutlich zu hören, allerdings wäre Rachmaninow nicht Rachmaninow, wenn er nicht ein unglaubliches Thema eingebaut hätte: breit, wunderschön, emotional entführend in andere Welt. Wir hören mit angehaltenen Atem zu.
Und ich... ich freue mich die ganze Zeit, dass meine geliebten Schüler es kennenlernen. Dass sie mit mir zu einem klassischen Konzert fahren. Ich stelle mir vor: in zwanzig, dreißig, vierzig Jahren werden sie ihren Kindern in einem Konzert erzählen über unsere Fahrten nach Liechtenstein.  Mit... einem gelben Hefezopf 🤣

Anna Guggolz

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